Bericht von der Sitzung des Petitionsausschusses
des Wiener Gemeinderats:

Am Freitag, 17.09. wurden wir (zwei VertreterInnen der B.I.) in das Wiener Rathaus zum Petitionsausschuss geladen. Dort waren sämtliche im Wiener Rathaus vertretene Fraktionen vertreten (insgesamt ca. 20 Personen). Vor denen konnten wir unsere Bürgerinitiative und unser Anliegen vortragen. Wir haben dazu ein Handout verwendet, welches wir verteilt haben, in welchem mit zahlreichen Fotos und Abbildungen die Problematik der Neubauten in der Siedlung verdeutlicht wurde. Zudem ließen wir 2 Quader durchgehen, welche auch haptisch den Größenvergleich zwischen einem Einfamilienhaus auf einem 600 m² großen Grundstück mit 25 % Verbauung und dem Wohnbauprojekt auf dem Nachbargrundstück mit 1.040 m² und einer 33,3%igen Verbauung sehr eindrucksvoll darstellten (siehe dazu das Filmchen auf der Startseite).

Im Wesentlichen haben wir unsere Argumente auf Klimaschutz, Frischluftschneise, Erhalt der Grünflächen und Reduzierung der Versiegelung aufgebaut. Auch gegen die Höhenverbauung haben wir uns ausgesprochen und dafür plädiert, vor allem in Hanglagen immer vom tiefsten Punkt aus zu messen. Ebenso haben wir uns gegen künstliche Geländeveränderungen ausgesprochen, welche sehr oft dazu genützt werden, um noch eine zusätzliche Ebene zu bauen bzw. insgesamt höher bauen zu können. Zum Schluss sind wir auch noch dafür eingetreten, wieder Bauverhandlungen abzuhalten. Es kann nicht sein, dass Anrainer von einem Projekt erst durch einen Anschlag am Bauzaun erfahren. Und wenn dann die Politik sagt, dass Anrainer ohnedies noch die Möglichkeit hätten, bis 3 Monate nach Baubeginn Einwendungen vorzubringen, dann wird hier aus unserer Sicht aus einer Bringschuld eine Holschuld gemacht. Bei vielen Betroffenen handelt es sich auch um ältere Personen, welche von Natur aus schon leichter resignieren. Kommt dann noch der Respekt vor einer Baubehörde dazu, dann werden wohl viele Anrainer, wenn neben ihnen unter Baulärm schon die Bagger die Baugrube ausheben, aufgeben und sagen, dass „man jetzt eh nichts mehr machen kann“, anstatt in dieser Situation von der Baupolizei Planeinsicht zu begehren.

Klar gemacht haben wir weiters, dass hier ein Teufelskreis durchbrochen gehört, wenn man leistbares Wohnen in Wien wirklich ernst nimmt. Aktuell befinden sich viele Bauträger in einem Baurausch und überschlagen sich förmlich mit zum Teil zweifelhaften Angeboten um an Grundstücke zu kommen und dort jeden Quadratzentimeter zu verbauen. Mit den Toleranzen wird es dann oft auch nicht so genau genommen – vor allem: wer überprüft das dann? So hat man uns in mehreren Stellungnahmen von politischer Seite erklärt, dass Flachdächer begrünt sein müssen und auch das „G“ (=gärtnerische Gestaltung) sehr ernst genommen werde. Anhand unserer Fotos konnten wir belegen, dass es – zumindest bei uns in der Siedlung – kaum Projekte gibt, wo die Flachdächer begrünt sind. Im Gegenteil: die Flachdächer werden mit Pools und schöner Aussicht beworben. Auch bei der gärtnerischen Gestaltung treten wir dafür ein, dass damit wirklich Bäume, Büsche, Sträucher gemeint sind und keine Pools, Terrassenplatten über den ganzen Garten etc

Im Sinne des Klimaschutzes und im Kampf gegen die zunehmende Erwärmung der Stadt haben wir uns dafür ausgesprochen, darauf zu achten, dass bei Neubauten die Abstrahlflächen der Gebäude möglichst gering gestaltet werden. Denn große Abstrahlflächen beeinflussen sehr wohl die Frischluftschneise negativ und konterkarieren die Bemühungen der Politik, die Innenstadt mit Sprühnebel etc. zu kühlen.

Da bei uns auch die öffentliche Anbindung suboptimal ist, werden die neuen Anrainer – bei welchen es sich definitiv – aufgrund der hohen Kosten von Grund und Neubau – nicht um Durchschnittsbürger oder akut Wohnungssuchende handelt – vermutlich auf ihr(e) Auto(s) nicht verzichten wollen. Damit nimmt auch der Autoverkehr zu – in einer Situation, wo es kein Verkehrskonzept für die Randbezirke gibt – und damit einhergehend steigt die CO2-Belastung. Unsere schmalen Gassen sind weiters bereits jetzt zugeparkt, für neue Anrainer müssen Autostellplätze auf den Grundstücken betoniert bzw. Tiefgaragen gebaut werden.

Nach unserem ca. 15-minütigen Vortrag, wurden einige Fragen an uns gestellt bzw. wurde mit uns diskutiert:

So meinte einer der Gemeinderäte, dass ein von uns geforderter Baustopp (den wir als „Abkühlungsphase“ im Baurausch angeregt haben) nicht realistisch sei. Zudem gebe es jetzt ohnedies die „kleine Bauordnungsnovelle“ und ob wir uns die angesehen hätten: wir haben darauf repliziert, dass ein Verbot, nicht größer als 350 m² verbauen zu dürfen, unsere Siedlung mit einer durchschnittlichen Grundstücksgröße zwischen 400 und 600 m² nicht wirklich betrifft. Wir wurden dann gefragt, ob der Petitionsausschuss mit seiner Stellungnahme nicht erst diese kleine Bauordnungsnovelle abwarten solle. Ich habe darauf geantwortet, dass vermutlich alleine mit der Ankündigung der Politik, so eine Bauordnungsnovelle machen zu wollen, schon viele Spekulanten auf den Plan gerufen hat. Nämlich in dem Sinn, dass vermutlich in ganz Wien nun täglich neue Pläne eingereicht, Grundstücke gekauft werden etc, nur um noch vor dieser Novelle möglichst große Bauvorhaben zumindest beantragt zu haben. Für uns drängt also die Zeit, jeder Tag zählt. Daher habe ich darum gebeten, auch in unserem Sinne möglichst schnell zu agieren. Hier wurde uns von einer Gemeinderätin recht gegeben. Denn es genüge die Projekteinreichung um dann auch noch 3 Jahre später, selbst wenn sich zwischenzeitig die gesetzlichen Regelungen geändert haben sollten, noch nach diesen Plänen in die Realität umzusetzen!

Eine weitere Frage betraf die Ästhetik und das „Recht der Schönheit“. Diese Frage wurde von einem Gemeinderat gestellt, welcher sich voll und ganz hinter uns gestellt hat. Die Frage hat mich trotzdem etwas irritiert. Letztendlich empfindet jeder etwas anderes als schön. Ich habe dazu gemeint, dass es uns in 1. Linie um möglichst wenig Verbauung und um den Schutz von Natur und Umwelt gehe. Wir haben gerade rund um die St. Hubertus Kirche auch dafür gekämpft, dies aufgrund des umliegenden „Ensembles“ in eine Schutzzone umzuwidmen. Von Hietzinger Bezirksräten wurden wir darüber aber in Kenntnis gesetzt, dass dies selbst bei der St. Hubertus Kirche nicht möglich sei. Zudem sei der „Erhalt des Ortsbildes“ – für welchen wir selbstverständlich eintreten - ein zu schwaches bzw. kein realistisches Argument.

Eine andere Gemeinderätin zweifelte ein bereits vorhandenes Projekt, welches wir an Hand von Fotos gezeigt haben, an. Aus ihrer Sicht sei so etwas schon an Hand der Flächenwidmung nicht zulässig. Es ging dabei um ein Neubauprojekt, wo wir auch Luftaufnahmen aus dem Internet gezeigt haben. An Hand dieses Fotos haben wir hinterfragt, ob ⅓ Verbauung auch tatsächlich ⅔ Begrünung sind. Mit Autostellplätzen, Pool etc, bleiben rein optisch bei diesem Grundstück nicht einmal ¼ Grünfläche übrig. Dieser Gemeinderätin konnte ich nur antworten: „Aber das ist die Realität." Und was sollen wir machen? Wie sind Anrainer und müssen mit den künftigen Nachbarn unser restliches Leben gut auskommen. Es wäre hier eigentlich Angelegenheit der Behörde (Baupolizei) Bauvorhaben auch zu prüfen und nötigenfalls illegale Versiegelungen wieder rückzuführen.“

Alles in allem ist es uns glaube ich gut gelungen, unser Anliegen plastisch und ehrlich rüber zu bringen. Ebenso, dass die Zeit drängt und dass es sich hier um ein allgemeines Problem der Randbezirke handelt. Wir haben auch versucht, uns mit der Politik kooperativ zu zeigen und unser Anliegen auch als Anregungen und Bitte an die Politik zu sehen, schnell zu agieren, bevor unwiederbringlicher Schaden entstanden ist. Täglich lesen wir von der Verbauung von Flächen in Einheiten von Fußballfeldern, hier können wir noch etwas dagegen tun.

Wenn wir alles richtig verstanden haben, liegt der Sinn des Petitionsausschusses darin, den VolksvertreterInnen zu helfen, ihr Augenmerk auch auf Themen zu lenken, welche sie übersehen könnten. In diesem Sinn hat sich in einem Telefonat auch der stellvertretende Vorsitzende bei mir gemeldet. Unser Thema ist aktuell ein Topthema. Sollten sich alle Mitglieder des Petitionsausschusses darauf einigen, dass es sich hier tatsächlich um ein ernstzunehmendes Anliegen handelt, welches die Politik übersieht oder zu wenige ernst nimmt, dann erarbeitet der Petitionsausschuss eine Empfehlung, welche an die Politik weitergeleitet wird.

Update:

Aufgrund unserer Petition wurde an Frau Stadträtin Kathrin Gaal vom Petitionsausschuss eine Empfehlung abgegeben. Wir hoffen, dass Frau Gaal unser Anliegen ernst nimmt und dieses bei der nächsten Bauordnungsnovelle berücksichtigt.